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 Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 19. September 2013 (S 89 KR 1636/13):  Die AOK bleibt bis auf weiteres berechtigt, im Internet mittels des  sogenannten Krankenhausnavigators über die Behandlungsqualität von  Krankenhäusern zu informieren. 
Die Frage, inwieweit sie hierzu befugt  ist, ist zwar offen, doch zu komplex, um im Verfahren des einstweiligen  Rechtsschutzes entschieden zu werden. Einem Krankenhaus, das selbst 3  Jahre gewartet hat, bis es sich gegen die Veröffentlichung des  Qualitätsvergleichs wehrt, ist zumutbar, eine gründliche Prüfung der  Streitfrage in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten.    Ob es um die Hygiene von Restaurantküchen, Standards in  Pflegeeinrichtungen oder die Qualität von Krankenhäusern geht – die  Veröffentlichung von Bewertungen schafft Transparenz, aber auch Streit.  Erstmals rief nun ein Krankenhaus das Sozialgericht Berlin an, um gegen  das Bewertungsportal des AOK-Bundesverbandes vorzugehen.    Die AOK betreibt seit 2010 im Internet einen „Krankenhausnavigator“  (www.aok-gesundheitsnavi.de), in dem für ausgewählte Leistungsbereiche  (Beispiel: Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenkes) die Qualität von  Krankenhäusern bewertet wird. Grundlage ist eine von der AOK selbst  veranlasste wissenschaftliche Auswertung von Abrechnungs- und  Versichertenstammdaten („Qualitätssicherung mit Routinedaten“ – QSR).  Berücksichtigt werden sowohl Daten aus der Phase der akuten  Krankenhausbehandlung als auch Patientendaten aus dem Jahr davor und  danach. Das Ergebnis soll Ärzten und Patienten bei der Auswahl einer  Klinik helfen.    Am 13. August 2013 ersuchte der Antragsteller, ein Krankenhaus aus  Nordrhein-Westfalen, das Sozialgericht Berlin um einstweiligen  Rechtsschutz gegenüber dem in Berlin ansässigen AOK-Bundesverband  (Antragsgegner). Der Antragsteller, dessen Arbeit je nach Bereich mit  Noten von „unterdurchschnittlich“ bis „überdurchschnittlich“ bewertet  worden war, beantragte vor allem, dem Antragsgegner unter Androhung  eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro zu untersagen, die aus der  „Qualitätssicherung mit Routinedaten“ gewonnenen Daten und Bewertungen  in seinem Krankenhausnavigator zu veröffentlichen. Er befürchtet,  aufgrund der Angaben Nachteile im Wettbewerb zu haben. Die verbreiteten  Informationen seien inhaltlich unzutreffend. Sie beruhten auf einem  undurchsichtigen Verfahren, das wissenschaftlichen Anforderungen nicht  genüge. Der Antragsgegner überschreite zudem seine Befugnisse, wenn er –  gleichsam in einem Parallelsystem - einen Qualitätsvergleich außerhalb  des gesetzlich geregelten Qualitätssicherungssystems (vgl. § 137 Abs. 3  SGB V) durchführe.    Der Antragsgegner hält es demgegenüber für seine gesetzliche Aufgabe,  die ihm zur Verfügung stehenden Daten zum Zweck der Beratung und  Information zu nutzen. Die Bewertungen seien Ergebnis eines  wissenschaftlich fundierten Verfahrens. Deren Veröffentlichung stärke  die Patientenautonomie und belebe den Wettbewerb.    Mit Beschluss vom 19. September 2013 lehnte die Vorsitzende der 89.  Kammer des Sozialgerichts Berlin den Antrag im Rahmen einer  Folgenabwägung ab. Ob der Antragsgegner zur Veröffentlichung des  Qualitätsvergleichs befugt sei oder nicht, sei eine schwierige Frage,  die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mit der  gebotenen Gründlichkeit geprüft werden könne und deshalb einem  gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibe. Zu bedenken sei,  dass die Verbreitung von Bewertungen im Krankenhausnavigator einen  Eingriff in die grundrechtlich geschützte unternehmerische  Betätigungsfreiheit darstellen könne, denn sie beeinflusse durchaus die  Marktchancen des Antragstellers und berühre den Ruf des Krankenhauses.  Allerdings sei der Antragsgegner hierzu womöglich ermächtigt, denn ihm  sei in § 137 Abs. 3 Satz 4 SGB V unter anderem die Aufgabe zugewiesen,  über Qualitätsmerkmale von Krankenhäusern zu informieren. Unklar sei  jedoch, ob er dies nur auf Grundlage des gesetzlich geregelten  Qualitätsberichts tun dürfe oder ob er hierfür auch andere  Erkenntnisquellen nutzen könne.    Angesichts der offenen Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens sei  eine Folgenabwägung geboten, die zu Lasten des Antragstellers ausfalle.  Dieser habe mit der Anrufung des Gerichts seit Veröffentlichung der  ersten Bewertungen 3 Jahre gewartet. Aus den Akten sei auch nicht  ersichtlich, dass er sich um eine vorgerichtliche Klärung mit dem  Antragsgegner, zum Beispiel ein Gespräch, bemüht habe. Das Gericht habe  schon deshalb keine besondere Dringlichkeit der Sache erkennen können.  Der Antragsteller habe zudem nicht dargelegt, dass er durch die  bisherigen Bewertungen in seiner Existenz bedroht sei. Im Übrigen sei zu  berücksichtigen, dass durch die vorrangig begehrte vollständige  Entfernung des Qualitätsvergleichs auch die Interessen anderer  Krankenhäuser berührt würden. Diese hätten unter Umständen aufgrund  günstiger Bewertungen ein erhebliches Interesse an deren weiteren  Veröffentlichung. Unterstellt, dass die Bewertungen zutreffend seien,  würden schließlich auch die Versicherten ein anerkennenswertes Interesse  haben, mittels der verbreiteten Informationen von  unterdurchschnittlichen Leistungen verschont zu bleiben.    Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Es kann vom Antragsteller  mit der Beschwerde zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam  angefochten werden. Die Entscheidung ist im Volltext unter dem Link auf der Internetseite  des Sozialgerichts Berlin (Rubrik Pressemitteilungen) abrufbar. 
Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Berlin vom 20.09.2013  |